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Was bedeutet Diversity?

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Cossu spricht mit Maria Ziffy im Podcast "we be like" über Rassismus und Diversity (Foto: SWR)

Im Podcast "we be like" spricht Maria Ziffy mit Cossu über Diversity. Anna Mendel setzt sich gegen Rassismus und für eine vielfältigere Gesellschaft ein und erzählt uns mehr zum Thema.

Was ist Diversity eigentlich?

Mit Diversity (deutsch: Diversität/Vielfalt) beschreiben wir die Tatsache, dass es ganz unterschiedliche Menschen gibt. Und dass wir nicht nur alle ganz unterschiedlich aussehen und uns nicht nur in Hauttönen, Kleidung und Hobbies unterscheiden. Sondern auch, dass es zum Beispiel Menschen gibt, die weder Frau noch Mann sind. Oder die in einer Familie mit zwei Müttern leben. Oder die eine Behinderung haben. Manches davon ist sichtbar, manches nicht. Ich sehe es als meine Aufgabe, möglichst viele davon zu überzeugen, dass es diese Vielfalt gibt und wir unsere Gesellschaft entsprechend formen müssen.

Anna Mendel setzt sich gegen Rassismus und für mehr Diversität ein. (Foto: Anna Mendel)
Anna Mendel kämpft für mehr Diversität im Alltag.

Du machst Vorträge, wie bringst du das Thema Rassismus den Menschen näher und was willst du ihnen mitgeben?

Ich erkläre, dass wir als Individuen an vielen Dingen nicht alleine schuld sind. Dass zum Beispiel im 15. Jahrhundert sich Menschen das mit dem Rassismus ausgedacht haben, weil es ihnen Vorteile brachte, und wir deswegen bis heute so denken. Ich zeige ihnen Beispiele aus dem Alltag oder aus Medien und erkläre die Zusammenhänge und wie es sich auf Kinder auswirkt. Ein Beispiel sind Kinderbücher, in denen nur weiße und nicht behinderte Kinder vorkommen. Wer nur mit diesen Büchern aufwächst, kennt gar nichts anderes und entwickelt dann womöglich eine Abneigung gegen Bücher mit Schwarzen Hauptfiguren.

Ich erkläre außerdem, dass unsere Sprache oft rassistisch ist, wir das aber nicht so richtig merken, einfach weil es immer schon so war. Das Wort farbig benutzen viele, aber diejenigen, die damit bezeichnet werden, wollen das nicht. Der Begriff wurde aus dem Englischen vom Wort „colored“ übersetzt und man hat ihn vor allem in den USA und in Südafrika zur Ausgrenzung von Schwarzen Menschen verwendet.

Statt farbig können wir Schwarze Menschen (mit großem S) und People of Color sagen, das bezeichnet uns als Gruppe. Schwarze Menschen haben einen Bezug zu oder eine Herkunft in einem afrikanischen Land. Mit schwarz ist nicht ihre Hautfarbe gemeint. Viele Menschen/People of Color finden es auch okay, wenn man ihr Aussehen mit brauner Haut bezeichnet.

Ich will den Menschen mitgeben, aufmerksam zu sein und auf die kleinen Dinge zu achten. Und eventuell auch mal was zu verändern, zum Beispiel andere Bücher zu kaufen und mit ihren Kindern darüber zu reden, was es bedeutet, wenn wir nur bestimmte Figuren in Kinderbüchern sehen.

Womit sind Menschen mit anderen Lebensrealitäten in unserem Alltag konfrontiert? Wie sollten Betroffene und nicht Betroffene reagieren?

Die meisten werden oft beleidigt und diskriminiert. Das bedeutet, dass sie schlechter behandelt werden aufgrund bestimmter äußerlicher Merkmale oder persönlicher Eigenschaften. Da kann es passieren, dass sie bestimmte Clubs nicht betreten dürfen oder dass sie im Krankenhaus nicht so gut wie andere behandelt werden. Manche werden bei der Wohnungssuche übergangen oder nicht befördert, weil sie braune Haut haben oder die Familie zwei Mütter hat oder eine Mutter sich alleine um fünf Kinder kümmert.

Betroffene sollten oder müssen hier gar nichts machen. Nicht sie sind das Problem, sondern die anderen. Anders zu sein als das, was viele als normal empfinden, könnte so einfach sein. Es sollte für alle eine Selbstverständlichkeit sein, dass es ganz unterschiedlich Menschen gibt. Und dass jede*r andere Umstände oder Erfahrungen hat. So, wie unsere Gesellschaft im Moment ist, können viele Menschen nicht frei leben. Und deswegen müssen nicht Betroffene ganz viel an sich arbeiten.

Ich gebe oft den Tipp, anderen Menschen erstmal zuzuhören, wenn sie von schlechten Erlebnissen aufgrund ihres Hauttons, ihrer Behinderung oder anderer Merkmale erzählen. Oft reicht ein einfaches „Okay“, vor allem wenn es um etwas geht, das wir selber nicht mal annähernd erlebt haben und wahrscheinlich auch nie erleben werden. Wenn wir anderen Menschen aufmerksam zuhören, können wir langsam lernen, uns richtig zu verhalten. Der nächste Schritt wäre hier, anderen beizustehen, wenn sie diskriminiert werden. Wir können jemandem, der andere beleidigt, sagen: „Hör auf damit.“ Oder wir helfen anderen bei Aufgaben, die sie nicht so gut können, wenn sie diese Hilfe denn haben möchten.

Spiegeln die Medien die Gesellschaft wider?

Leider nicht alle von uns. In vielen Filmen, Serien und Büchern spielen seit vielen Jahrzehnten immer noch am ehesten weiße Menschen oder zum Beispiel auch kaum behinderte Menschen mit. Viele andere Lebensrealitäten wie schwule Eltern oder trans Kinder sind noch seltener. Aber nicht nur die Charaktere sind nicht divers besetzt, auch die Rollenverteilungen sind schwierig. Viel zu selten gibt es Schwarze Mädchen in den Hauptrollen oder als Heldinnen zu sehen. Viele Leute behaupten dann, dass es ja sehr wohl die Gesellschaft widerspiegle, denn es gäbe ja nicht so viele Schwarze oder behinderte Menschen in hohen Positionen. Hier müssen wir uns natürlich fragen, ob das so ist, weil es eben so ist oder ob die Gesellschaft nicht doch die Klischees und Vorurteile lebt, die wir aus verschiedenen Medien kennen.

Können Soziale Medien hier helfen, mehr die tatsächliche Gesellschaft widerzuspiegeln?

Ich denke schon. In den Sozialen Medien haben theoretisch alle die Möglichkeit das zu erzählen, was ihnen wichtig ist, und sich zu zeigen, egal wer sie sind. Viele Menschen, die ansonsten aus verschiedenen Gründen wenig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, wie Menschen mit Depressionen, behinderte oder kranke Menschen, können ihre Geschichten von daheim aus erzählen. Oder die, denen wenig Bühne geboten wird, wie Menschen mit Flüchtlingserfahrungen. Ich sage theoretisch, weil auch die Sozialen Medien hier Grenzen haben. Vor allem beleidigende Kommentare können viele davon abschrecken, von sich zu erzählen. Und diese Kommentare treffen leider vor allem die, die eben anders sind.

Was bedeutet es, wenn Menschen in den Medien und im Alltag repräsentiert werden?

Für viele ist das erstmal ein richtig tolles Gefühl. Immer, wenn ich in Kindersendungen eine Figur sehe, die meinen Kindern ähnlich sieht, freu ich mich total. Denn es zeigt ihnen: „Ja, auch du bist Teil dieser Geschichte.“ Das Ganze wird nur noch davon getoppt, wenn ich ein Kind mit Down Syndrom in der Werbung sehe und dann wieder merke, wie selten es ist. Für viele sind Menschen mit Down Syndrom nämlich keine richtigen Mitglieder der Gesellschaft, weil viele von ihnen nicht sprechen können und später oft keine richtige Arbeit machen. Aber wenn sie in der Werbung auftauchen, zeigen sie, dass sie das mit der richtigen Arbeit auch können, so wie alle anderen.

Warum brauchen wir Vorbilder, die uns Vielfalt zeigen? Wie schätzt du die aktuelle Entwicklung ein?

Es geht nicht nur darum, zu sehen: „Die sieht so aus wie ich und kann Schauspielerin/Präsidentin/Chefin sein, dann kann ich das bestimmt auch!“ Es geht auch darum, dass wir die Dinge, die wir sehen, für normal halten. Wenn wir nur weiße Männer als Chefs in Filmen, von Banken oder in der Politik sehen, glauben wir, dass es halt so ist. Und dass es immer so war und dann auch immer so sein wird. Dann akzeptieren wir das und es kann sich nichts ändern, weil es niemand ändern will.

Ich denke aber, dass gerade in den letzten Jahren schon viel in dieser Hinsicht getan wurde. Viele Verlage und Fernsehsender haben erkannt, dass Vielfalt gerade in Medien für Kinder sehr wichtig sind und es gibt wunderschöne Bücher und Serien mit diversen Hauptfiguren. Auch viele Unternehmen erkennen, dass Vielfalt unter ihren Mitarbeitenden von Vorteil für alle ist. Und behinderte Models auf den Laufstegen zeigen uns, dass es hier ein Umdenken gibt. Noch fühlt es sich besonders an, wenn wir so etwas sehen. Aber irgendwann wird es eine Selbstverständlichkeit sein.

Wie sieht eine ideale Zukunft in Bezug auf das Thema aus?

In meiner idealen Zukunft hat sich die Gesellschaft total verändert. Sie hat alles darauf ausgerichtet, dass auch die, die heute nicht als Norm gelten, berücksichtigt werden. Alle Schulen sind so gestaltet, dass auch behinderte Kinder am Unterricht teilnehmen können. Medien zeigen alle Gesichter, in der Werbung sehen wir viele verschiedene Menschen. Niemand wird mehr beleidigt oder diskriminiert wegen äußerlicher Merkmale oder Eigenschaften, weil alle erkannt haben, dass Vielfalt normal ist.

Hier geht's zur Folge von "we be like"!

Cossu, darf Arielle Schwarz sein?

Als Person of Color gibt Cossu ganz persönliche Einblicke, bringt Maria badischen Dialekt bei und erzählt von seinem Wunsch nach mehr Diversity.
Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Thema gemacht? Und worüber sollte Maria auch mal bei "we be like" sprechen? Schreibt's in die Kommentare!

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