Ein Andenkondor fliegt (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Vultur gryphus

Kondor

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AUTOR/IN
Barbara Kiesewetter

Für die Indios Südamerikas galt der Kondor einst als ein Bote der Götter.
Heute sind die majestätischen Vögel vom Aussterben bedroht und stehen unter Schutz.

Steckbrief

Wie sehen Kondore aus?

Ein Kondor lässt sich auf den ersten Blick erkennen: Der Körper der mächtigen Vögel wird bis zu 110 Zentimeter lang und sie haben eine Flügelspannweite von bis zu 320 Zentimetern. Die Männchen wiegen bis zwölf Kilogramm, die Weibchen bis zu 9,5 Kilogramm. Ihr Gefieder ist überwiegend glänzend schwarz gefärbt.

Die oberen Flügeldecken und die Armschwingen sind jedoch glänzend silberweiß. Typisch ist die flaumige, weiße Halskrause, von der sich deutlich der nackte, rote Hals und Kopf abhebt.

Die Männchen sind leicht von den Weibchen zu unterscheiden: Erstens durch ihre Größe, zweitens durch die roten Hautlappen an ihrer Kehle und drittens durch den fleischigen Kamm, der vom Schnabel-Ansatz bis zum Scheitel reicht.

Ungewöhnlich ist, dass sich die Augenfarben von Männchen und Weibchen unterscheiden: Die Männchen haben graue Augen, die Weibchen rote. Jungtiere sind bis zum Alter von etwa sechs Jahren bräunlich gefärbt.

Wo leben Kondore?

Der Anden-Kondor lebt ausschließlich in Südamerika von Venezuela bis zum Süden von Argentinien und Chile. Dort findet man ihn überwiegend in der Region der riesigen Gebirgskette der Anden.

Der Kondor kommt vor allem in der Hochgebirgs-Region der Anden über 3500 Meter Höhe vor. Er lebt aber auch in den Ausläufern der Anden: an den Klippen und Felsen der südamerikanischen Pazifikküste, zum Beispiel in Peru.

Welche Kondorarten gibt es?

Mit dem Anden-Kondor nah verwandt sind der Gelbkopfgeier und der Truthahngeier.

Wie alt werden Kondore?

Kondore werden in freier Wildbahn etwa 40 Jahre alt, in Gefangenschaft aber bis zu 85 Jahre.

Verhalten

Wie leben Kondore?

Auf den ersten Blick sehen Kondore ähnlich wie die Geier aus, die bei uns in Europa zuhause sind.

Kondore gehören aber zu einer anderen Familie: Sie zählen zu den so genannten Neuweltgeiern, während die in Europa, Afrika und Asien lebenden Geier zu den Altweltgeiern gehören.

Kondore unterscheiden sich im Aufbau von Skelett, Muskeln und vielen anderen Eigenschaften sehr stark von den Altweltgeiern. Manche Wissenschaftler sind deshalb sogar der Ansicht, dass sie mehr mit den Storchenvögeln als mit den Greifvögeln verwandt sind.

Die Neuweltgeier sind eine uralte Vogelgruppe: Sie lebten schon vor etwa 60 Millionen Jahren auf der Erde. Fossilfunde von ausgestorbenen Vorfahren des Kondors haben eine Flügelspannweite von fünf bis sechs Metern.

Kondore sind nicht nur meisterhafte Flieger, sondern die größten flugfähigen Vögel überhaupt: Mit nur wenigen Flügelschlägen gleiten sie an den steilen Hängen der Anden entlang. Sie können dabei bis zu 55 Kilometer pro Stunde schnell werden und lassen sich vom Wind in Höhen bis zu 7000 Metern hinauftragen.

Außerdem können sie große Strecken zurücklegen: Auf ihrer Suche nach Nahrung fliegen sie an einem Tag bis zu 250 Kilometer weit. Bei Regenwetter schwingen sie sich jedoch nicht gerne in die Luft, sondern halten sich lieber am Boden auf.

Bei ihren Flügen kreisen sie in großer Höhe und landen erst, wenn sie Futter - meistens ist es Aas - entdeckt haben.

Anders als die meisten Greifvögel tragen sie ihre Beute aber nicht davon, sondern fressen sie an Ort und Stelle.

Weil sie vor allem Aas fressen, gelten Kondore als die Gesundheitspolizei der Anden: Sie sorgen dafür, dass keine Überreste der von Raubtieren getöteten oder verendeten Tieren liegen bleiben.

Auf diese Weise können sich keine Seuchen und Krankheiten ausbreiten.

Kondore jagen aber auch und sind imstande, Lämmer, Kälber oder Wildtiere zu töten. Anders als die meisten Vögel können Kondore sehr gut riechen.

Sie sind zwar ungesellige Vögel, sind aber meist ihr ganzes Leben lang mit ein und demselben Partner zusammen.

Bei den südamerikanischen Indios gibt es eine Legende, wie Kondore sterben: Angeblich verenden sie nicht einfach oder werden zum Opfer von Raubtieren, wenn sie alt und krank sind. Man erzählt sich, dass sie so hoch wie möglich in die Luft steigen und sich dann im Sturzflug hinabstürzen, bis sie auf einer Felswand zerschmettert liegen bleiben. Man weiß aber nicht genau, ob diese Geschichte wahr ist.

Freunde und Feinde des Kondors

Kondore haben kaum natürliche Feinde. Raubtieren können nur sehr alten oder kranken Vögeln gefährlich werden.

Wie pflanzen sich Kondore fort?

Kondore werden erst mit sechs bis sieben Jahren geschlechtsreif und pflanzen sich auch nur alle zwei Jahre fort. Dann legen die Weibchen im Frühling meist ein, maximal zwei etwa 280 Gramm schwere Eier, die auf dem Boden, in Baumhöhlen oder Felsspalten ausgebrütet werden. Wenn Kondore ein Nest bauen, dann errichten sie es oft auf Felsen - auch an Plätzen, die Wind und Wetter ausgesetzt sind.

Beide Eltern brüten abwechselnd. Nach 55 bis 65 Tagen schlüpft das Küken. Es wird sowohl vom Männchen als auch vom Weibchen noch mehrere Monate gefüttert. Junge Kondore sind erst nach sechs Monaten ausgewachsen und können dann auch fliegen. Ihre Eltern verlassen sie aber erst, wenn sie 18 Monate alt sind.

Wie kommunizieren Kondore?

Viele Laute geben Kondore nicht von sich: Sie lassen nur ein Klappern mit dem Schnabel und ein Zischen hören.

Pflege

Was fressen Kondore?

Kondore ernähren sich überwiegend von Aas. Sie fressen es aber nur, solange es noch halbwegs frisch und nicht verdorben ist. An den Plätzen, an denen sie Aas finden, versammeln sich manchmal mehrere Kondore.

Ab und zu streiten sie dann auch um das Futter. Kondore, die an der Küste leben, fressen tote Fische und Robben. Manchmal machen Kondore aber auch Jagd auf kleine Säugetiere sowie Lämmer und Kälber.

Andere Aas-Fresser

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